From Mama with love…

On 20. November 2011 by rkuebler

Endlich Donnerstag und endlich Feierabend. Noch zwei bis drei Stunden und Flo kommt zu Besuch. Ihr könnt euch vorstellen mit was für einem Grinsen ich in das letzte Wochenende gestartet bin. Egal wie lange wir uns nicht sehen (was in diesem Fall sogar seit März bedeutet), ein Besuch von Flo ist immer etwas Besonderes. Wir kennen uns jetzt fast dreißig Jahre und man muss folglich nicht viel reden oder tun, man versteht sich einfach. Conny hatte daher auch die super Idee, dass Flo zum Geburtstag sich bestimmt über ein Männerwochenende in Istanbul freuen könnte und hatte höchst konspirativ alles mit heimlich geplant und früh in die Tat umgesetzt.


War schwierig sich nicht zu verplappern und ich muss sagen, dass ich sehr sehr froh war, als Flo dann endlich Anfang Oktober Geburtstag hatte. So konnten wir uns dann offen über alle Ideen und Pläne austauschen. Klar, dass wir zwei alten Waschweiber uns einen gemeinsamen Basar-Besuch auf keinen Fall entgehen lassen wollten. Aber Flo mahnte auch zu Kultur und ein bisschen Sight-Seeing.
Doch der Reihe nach. Also Donnerstag Abend. Ich komme aus dem Shuttle in Wohnung, schnell checken ob alles mit dem Flug klatt geht, dann panisch merken, dass die Bude viel zu merklich nach einer echten Junggesellenbude aussieht. Also Spülmaschine auffüllen, Boden fegen, Bad putzen, ein paar Handtücher rauslegen, eines der Gästezimmer klar machen und dann entspannt bei ein zwei Tee vor dem Rechner hibbelig an den Restarbeiten für das Media Reaction Projekt und an den Time Series für das Dynamic Paper rumfummeln, bis Meister Eder eintrifft.

 

Ich hatte es auch irgendwie verpeilt ihm noch rechtzeitig zu sagen, dass er mich anrufen soll, wenn er vor dem Tor steht, damit ich der Security Bescheid sagen kann. Nunja, wird auch so klappen, zur Sicherheit sende ich noch ne SMS, die ja dann noch rechtzeitig bekommen sollte. Sollte… Denn irgendwie bekomme ich zwar übers Net raus, dass sein Flieger brav gelandet ist, aber eine SMS Bestätigung für meine Nachricht ist Fehlanzeige. Nun denn. Irgendwann ruft mich eine türkische Mobilnummer an. Klar denke ich mir, der Taxifahrer, der denkt, dass ich ihm erklären kann, wo ich wohne. Hihi denke ich mir und nehme ab. Türkisches Gebrabbel begrüßt mich, ich warte geduldig, bis ich meine Chance zu einer Antwort bekomme und erkläre knapp und höflich, dass ich kein Türkisch kann. Man legt auf. Ein paar Minuten später ein erneuter Anruf der selben Nummer. Amüsiert nehme ich ab und freue mich schon bisschen meinen Satz zu wiederholen. Aber Pustekuchen. 1 A Englisch am anderen Ende. Man fragt mich, in welchem Apartment ich wohne. Als ich erkläre, dass es die Nummer 8 sei, wird mir erklärt, dass mein Gast dasei und man diesen nun vorbei bränge. Super, hat sich das alles auch schon erledigt. Während ich das Treppenhaus nach unten eile, kommt mir der Aufzug schon entgegen. Verdammt, also wieder alle Stufen hochhechten und etwas schnaufend vor der Türe warten. Und siehe da: da ist der Meister!

Der Abend ist das reinste Weihnachtsfest. Flo hat sich als Packesel missbrauchen lassen und hat brav alles was ich über die letzten Wochen bestellt habe mit gebracht. Einen WLAN Repeater, Kopfhörer, endlich neue Zeitschriften, mein frisch bestellen Game of Thrones Bücher (Komplettpack auf Englisch) und eine Überraschung von Muttern: HUTZELBROT. Eigentlich war diese schwäbische Weihnachtsspezialität bisher immer ein nettes Beiwerk der Adventszeit, dem ich wenig Wert zugemssen habe. Bisher! Das Ding duftet irre und ich hab es momentan auf meinem Nachttisch platziert, von wo es meine Träume angenehm mit vorweihnachtlichen Erinnerungen und Gerüchen bereichert. Ich werde es mir sehr genau eintteilen und freue mich über jeden Bissen! Denn Weihnachten ist hier Fehlanzeige. Zum Glück habe ich ja noch vom deutschen Einzelhandel die ersten Weihnachtswehen Anfang Oktober mitbekommen. Von ein paar von euch habe ich schon gehört, dass es mittlerweile kaum noch auszuhalten ist. Wie gesagt hier absolutes Zero! Nix, nada, niente! Kein Jingle Bells, keine Ferrero oder Lindt Displays und erst recht kein Last Christmas von Wham. Irgendwie doch schade.

Aber für Melancholie ist an diesem Wochenende kein Platz. Flo hat als treuer und scheinbar guter Leser aufgepasst und gleich noch im Duty Free Rum eingepackt. Auch wenn ich am Anfang skeptisch auf den Bacardi schaue, als goldener Fassrum ist das Zeug echt lecker. Vor allem mit frischer Minze und Turk Cola, die sich durch ihren würzigeren und vor allem kräuterigen Geschmack herrlich für einen Cuba Libre eignet. Klar, dass wir auch noch das ein oder andere Effes und den ein oder anderen Raki über das Wochenende genossen haben.

Freitag steht voll im Zeichen des Turbo-Touri Programms. Großer IETT Bus, Fährfahrt zwischen den Kontinenten, Gewürz-Basar, Kadiköy, Großer Basar und dann erledigt und Fußlahm nach Hause. Samstag dann Blaue Moschee (zum ersten Mal wirklich auch beim ersten Versuch rein gekommen ohne langes Warten oder Wiederkommen), dann runter in die Cisterne, die uns beide wieder total begeistert. Dann Großer Basar. Und dieses Mal mit Ausdauer. Flo findet dieses Mal mehr Gefallen als am Vortag, an dem ich mehr gekauft hatte und lang kräftig zu. Man merkt ihm an, dass er mit Türken mehr Erfahrung hat als ich, denn er handelt schneller und erfolgreicher. Irgendwie haben wir es uns als Ziel gesetzt, dass wir diesesmal wirklich alles sehen wollen und tigern die kompletten Flächen ab. Und siehe da, es gibt wirklich viel, was mir bisher entgangen ist. Denn jedesmal wenn ich bisher dachte, dass in dem einen oder anderen Gang ähnlich zu gehe, als in den bisher gesehenen, irre ich mich. Total neue Produktwelten haben sich uns eröffnet. Weniger textilgeprägte Teile bieten zum Teil endlich mal (gebrauchte) Originalwaren. Ich war kurz davor mir ein lang gewünschtes Dupont-Feuerzeug zu kaufen. Nur ich merke auch schnell, dass ich mit 280 Lira a) nicht viel spare und b) ein Feuerzeug für einen Nichtraucher auch irgendwie sinnlos geworden ist. Dafür decke ich mich mit Mont Blancs ein und schaue nach den ein oder anderen Manschettenknöpfen. Irgendwann kommen wir wieder durch die Schmuck und Juwelierbereiche, bestaunen das tolle und grazile Handwerk. Irgendwo stossen wir sogar auf Live-Kunst und beobachten fasziniert, wie schnell und geschickt die Juweliere diesem feinen Handwerk nachgehen. Ganz am Ende stossen wir dann auf den Uhrenteil. Irre, was es hier alles an Blendern gibt. Und auch irre, welche unterschiedlichen Qualitätsstufen erreicht werden. Die üblichen Cheap Watches in Roles Optik gibts in Massen. Aber dazwischen sogar wirkliche Automatikuhren im Look der namhaften Klassiker IWC und Glashütte. Man kommt ins Gespräch und ich bin beeindruckt wie ehrlich der Verkäufer ist. Die billigen schaffen wohl kein Jahr, die Automaten erreichen wohl immerhin eine Verfallszeit von 5 Jahren. Aber irgendwie kann ich mich mit dem Look nicht anfreunden und käme mir auch mit so nem 10.000 Euro Plus Ding am arm regelrecht armselig vor… Dabei gibts das Feeling unverhandelt schon für 280 Lira, sprich mit Geschick, Spucke und zähem Willen kann sich jeder Interessierte ne automatische IWC für 150 Lira ans Armgelenk basteln.

Wir haben es aber beide nicht drauf ankommen lassen. Flo hat ne richtige Automatik aus schwäbischer Herstellung und ich tärume ja immer noch von meiner Junghans MaxBill.

Dafür haben wir uns noch nach Lederjacken erkundigt. Flo sollte für einen Kollegen nach einem etwas extravaganteren Teil schauen. Helles raues Leder aussen und weißes Schafsfell innen. Gar nicht so einfach. Das ganze wenn es geht im Pilotenstil. Also ab auf den Lederteil des Basars. Im klenen abgetrennten Teil im Süden des überdachten Basars riecht es schon herrlich nach feinem Leder. Die Boutiquen hier sind meist dreigschossig und vor den Läden lauern die Koberer, die einen überzeugen wollen, dass es nur bei ihnen die absolut glücklich machende Ware gibt. Wir probieren es in zwei Läden, werden liebevoll betreut und bekommen die verschiedensten Modelle vorgeführt. Unser Koberer kommt sogar ursprünglich aus Dortmund, hat dort studiert und beim Daimler am Band in Sindelfingen in den Semesterferien immer geschafft. Flo verschweigt geschickt seinen Porschehintergrund, probiert geduldig Jacke auf Jacke und findet immer einen Grund, warum das Modell nicht passt. Man vertröstet uns auf einen anderen Laden, will uns dort hinführen. Aber Flo findet geschickt die Reisleine und täuscht eine akute Lederallergie vor.

Den Rest des Tages verbringen wir in verschiedenen Minibüssen, genießen den ein oder anderen Tee zwischen den Kontinenten und genießen einfach den Tag. Abends gibts SuperBurger und den Haushaltsrest an Alkoholischem. Bis in die Nacht quatschen und sabbeln wir einfach über Gott, die Welt, Hifi, Ina Müller, alte Zeiten, Autos, Boote, Kiel, Hohenheim, Fiat, Porsche, VW, Ayran, Sucuk, Türken, Deutsche… am Ende verschwindet alles in einer wohlig nebeligen Wolke Restraki und ich realisiere, dass ein herrliches Wochenende schon wieder viel zu früh geendet hat.

Sonntag früh um 8 geht es dann per Taxi schon wieder Richtung Flughafen und nach Hause. Zu Hutzelbrot, Porsche und den Waschweibern… Aber egal was ist, ich weiß, dass ich einen Bruder am Neckar hab!

Den Resttag vergammel ich, bastel nebenbei an den Daten rum und freue mich über die mitgebrachten neuen Filme und Hörspiele. Fluche über den WIFI-Repeater, der das scheiss Netz nicht besser macht und mische nach Flos Rezept das ein oder andere Ayran!

Und freue mich still und heimlig auf Weihnachten zu dahoim!

Bis dahin ihr Lieben, ein herzliches hosca kalin!

Euer Raoul

 

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