allein zu Haus…

On 26. Oktober 2011 by rkuebler

Ich will ja nicht meckern und ich bettele auch nicht nach Mitleid. Was zugegebenermaßen auch echt schwer wäre. Aber heute hatte ich irgendwie das Gefühl, dass ich vielleicht doch mal wieder unter eine Dusche steigen sollen. Spass! Aber irgendwie ist mir jeder heute scheinbar aus dem Weg  gegangen. Koen ist gleich zu Hause geblieben, die anderen Wissenschaftler haben gemerkt, dass die Katze weg ist und haben dann auch schon vor dem Mittagessen ihre Zelte in die Istanbuler Wüste verlagert und am Ende sass ich ganz alleine in meinem stickigen Kabuff. Hatte ich schon erwähnt, dass bei mir im Büro die Heizung im unveränderbaren Dauerbetrieb vor sich hin rödelt und meinen Istanbuler Winter in eine sehr trockene Angelegenheit verwandelt? Nunja, ich hab dann auch keine Lust gehabt alleine in die Mensa zu wackeln. Dafür habe ich mich intensiv mit den Datensätzen auseinandergesetzt und mich ein bisschen auf meinen Planungstermin morgen mit Koen vorbereitet. Zumindest so gut es geht, da mich meine Datenlieferanten ein bisschen hängen lassen haben. Immerhin habe ich jetzt die Sicherheit, dass es bis Freitag neue Daten gibt und hoffe einfach auf eine Wendung zum Guten.

Den Hunger habe ich übrigens mit ein paar Gläsern Tee weggespült. Was aber auch nicht so eine richtig gute Idee war. Leerer Magen, Luftfeuchtigkeit bei 3% und ne Innenraumtemperatur von gefühlten 40° sind keine gute Kombination. Wenn man darauf dann auch noch dieses eingekochte, schwarze Zeugs kippt, kommt es – ich glaube Chemiker nennen das so – zu einem Katalysationeffekt. Wie das aussieht? Keine genaue Ahnung, mir wird auf jeden Fall tierisch flau davon und ich hab erstmal ne halbe Stunde meine Kraft darauf verwendet einfach nicht umzukippen oder denen auf den Teppich zu kotzen! Gut etwas übertrieben! Aber ich werde in Zukunft echt etwas vorsichtiger mit dem Auslassen von Mahlzeiten und der Kompensation von Nahrung durch türkischen Tee sein. Zumindest solange, bis ich rausgekriegt habe, ob unser Cayci seine Erste-Hilfe-Kenntnisse nicht nur erfolgreich an der Teemaschine einsetzen kann, sondern auch beim lebenden (oder weniger lebenden) Objekt vollführen kann.

Ach, jetzt habe ich ganz vergessen zu erwähnen, was so ein Cayci überhaupt ist. Spricht sich in etwa Dschaidschi aus. Cay ist Tee. Und Caycis sind Männer oder Frauen (bei uns letzteres), die in offiziellen Gebäuden oder in Geschäftshäusern für den Tee verantwortlich sind. Die Damen und Herren kochen die ganze Zeit Tee, bzw. beobachten den Kochprozess und füllen hin und wieder Tee in die putzigen kleinen Gläser ab und gehen dann mit ihren Tabletts die Gänge auf und ab und verteilen ihre Ware. Egal ob im Basar, im Einkaufscenter oder an der Uni, die Jungs und Mädels sind überall fleissig am Werke. Klarweise haben die Jungs von der Tagesschau, die Herren auch schon bei der Arbeit begleitet. Bei uns sitzt die Dame in der Teeküche, überwacht unseren 2 kannigen Teekocher, füllt Wasser nach und leert immer wieder die Tropfgefässe, die die Lecks und unseren Küchenboden absichern. Deswegen irrt so wohl auch nicht so pittoresk mit einem handverzierten Silbertablett am langen Griff durch die Gänge und jeder muss folglich seinen Tee bei ihr direkt abholen. Dafür gibts aber die Möglichkeit den Tee in Gefässe mit mitteleuropäischen Abmessungen zu füllen, was die Anzahl an Gängen angenehm vermindert, allerdings die oben beschriebenen Nebenwirkungen drastisch erhöht.

Das Wetter war heute eher recht kühl, so dass ich mit Mantel und neuem Schal gut und funktional gekleidet war. Die Wolken haben wieder zu einem Anschwellen der Anfahrtszeit geführt, was aber für mich okay war. 21 Minuten sind immer noch ne super Zeit. Vor allem, weil wir wieder eine neue Route probiert haben. Dieses mal mit Auffahrt auf die Autobahn. Stilecht türkisch in entgegengesetzter Richtung und mit etwas schwierigerer Abbiegekurve, da andersrum gedacht. Machte aber nix, weil wir da prima im Strom der anderen Rowdies mitgeschwommen sind.

Dieses mal konnte ich auch sehen, dass unser Fahrer sich fleißig auf Hilfe von aussen vertraut und mittels Verkehrs-App schaut, wo was wie geht, steht oder fährt. Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass jeder Istanbuler eine entsprechende App nutzt und selbst ich hab mir jetzt das Ding auf dem iphone installiert. Weniger aus fahrerischem Interesse, als aus purer Sensationsgier. Die Dinger gibts von vielen Anbietern. Die von Vodafone und die offizielle von der Stadt Istanbul sind aber die besten, da sie neben durchschnittlichen Geschwindigkeiten auch Webcams integriert haben, mit denen man sich das Pech der anderen Leute auch noch direkt an den (muffig, stickigen) Schreibtisch holen kann!

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